Mittwoch, 15. Januar 2014

Ich sehe was, das du nicht siehst

Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich das gleiche triste grau, welches seit Tagen das Wetter beherrscht. Es ist Samstag und wir haben späten Vormittag. Mein Name ist übrigens Mercedes. Ich bin achtzehn Jahre alt und habe recht wohlhabende Eltern. Das hat es mir immer leicht gemacht, in meinem bisherigen Leben. Aber in letzter Zeit habe ich gemerkt, dass mir irgendetwas fehlt. Leider weiß ich nicht was es ist. In der Schule bin ich mittelmaß, glücklicherweise hat vor zwei wochen mein letztes Schuljahr begonnen. Ich muss aber auch gar nicht gut sein in der Schule, ich bin beliebt und eine der begehrtesten Mädchen der Schule. Ich habe meine eigene Clique und genug Jungs die mir hinterher laufen. Es war ganz schön so, vonn allen bewundert und geliebt zu werden. Aber es reicht mir nicht mehr aus. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es da noch mehr geben müsste. Mein Handy klingelt, es ist Chiara, eigentlich habe ich gar keine Lust ran zu gehen, tue es aber trotzdem. “Hi Chiara.” melde ich mich. “Hi Mercedes, ich wollte fragen ob du nicht mit mir und den Mädels shoppen gehen willst. Bei dem Wetter kann man ja sonst nichts machen. Und shoppen hebt bekanntlich die Laune, vielleicht danach noch Solarium, bisschen Sonne tanken.” Puh. Schon wieder ins Stadtcenter gehen. Aber was anderes war bei dem Wetter eh nicht möglich. “Ja ok, warum nicht.” sage ich und glaube das Chiara meine Lustlosigkeit in der Stimme hörte. Doch selbst wenn, dann würde sie es sich nicht anmerken lassen. “Super.” sagt sie fröhlich. “Wir treffen uns in einer halben Stunde, dann können wir noch etwas zu Mittag essen.” “Klar, dann bis gleich.” Ich habe vor einem halben Jahr meinen Führerschein bestanden und zu meinem achtzehnten Geburtstag bekam ich ein kleines Auto geschenkt, einen beigefarbenen Toyota Auris. Ich bin froh dass ich den kleinen Flitzer habe, damit bin ich schön flexibel. Ich ziehe mir eine Röhrenjeans an und dazu ein grünes Top, welches meine unnatürlich roten Haare noch betont. Dann laufe ich nach unten. In der offenen und modern eingerichteten Wohnküche sitzt meine Mum am Pc und schreibt. “Ich bin dann in der Stadt.” rufe ich und Mum nickt nur ohne aufzuschauen. Ich weiß das meine Eltern mich lieben, allerdings macht das ganze Geld und die Geschenke, die fehlende Zeit nicht wett. Ich schüttel nur mit dem Kopf und gehe aus der Tür, Dad ist wie fast jeden Samstag nicht zu Hause, wieder irgendein Meeting. Ich steige in mein Auto und knapp fünfzehn Minuten später bin ich im Stadtcenter. Chiara ist noch nicht da und auch niemand von den anderen Mädels. Dafür fällt mir Daniel auf, ein Schüler aus meiner Klasse. Ihn hier zu sehen ist irgendwie skuril. Er ist einer der besten Schüler, hat fast nur einsen, ist aber immer einsam. Eigentlich kann er einem leid tun. Seine Eltern sind arm und er trägt immer abgenutzte Sachen, meistens sogar zu groß. Ich weiß nicht ob er vielleicht Geschwister hat, von denen er die Klamotten übernehmen muss. Aber die Sachen sind nicht das einzige warum er so Skuril wirkt und so fehl am Platz und auch nicht der Grund weshalb er so einsam ist. Eigentlich hat er ein hübsches Gesicht, ein markantes Kinn, hohe Wangenknochen und volle Lippen. Leider wird es durch eine schreckliche Brandnarbe die über seine linke Stirn, über die Hälfte des linken Auges bis hin zu seinem linken Ohr. Seine Wange und die Lippen sind verschont geblieben. Er hat braunes lockiges Haar und trägt es Schulterlang, so das ein Großteil der Narbe verdeckt bleibt. Seine Augen sehen irgendwie immer traurig aus. “Hey, Mercedes!” Saphira winkt mir zu und strahlt mich an, ich setze mein Lächeln auf und gehe auf meine Freundinnen zu. Küsschen links Küsschen rechts, immer das gleiche. Neben Chiara und Saphira sind auch noch Danae und Giselle mitgekommen, damit ist unsere Clique komplett. Nur fünf Mädels. Als erstes wird über Daniel abgelästert. “Guckt euch den an.” sagt Giselle abwertend. “Wie kann man nur so rum laufen. Ich würde mir ja eher die Fingernägel ausreißen, als sowas schlabberiges zu tragen.” Mich nervt es mittlerweile. “Kann nun mal nicht jeder so viel Glück haben wie wir.” sage ich und die Mädels schaunen mich einen Moment an als wäre ich krank. “So heiß wie wir kann nun mal nicht jeder sein.” füge ich deshalb in meinem überzeugendsten Tussiton hinzu. Die Mädels lachen: “Wo du recht hast, hast du recht.” sagt Danae. Danach ist das Thema beendet und wir gehen.  Wir shoppen uns durch die Läden und nach vier Stunden, einem Mittagessen und einer halben Stunde im Solarium, sind unsere Portmonees leerer und unsere Taschen voll. Nach einem kurzen Pläuschchen geht jeder wieder seiner Wege.
Ein paar Wochen später rufen meine Eltern mich ins Arbeitszimmer, was an sich schon total komisch ist, da meine Eltern mich kaum irgendwo hinrufen. Ich gehe hinunter und beide sitzen an Dads Schreibtisch. Dad deutet mit seiner Hand auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. “Setz dich bitte, Mercedes.” Was soll das denn? Denke ich mir und setze mich hin. Ich bin sehr skeptisch, ich kann mich nicht erinnern irgendetwas angestellt zu haben, aber genauso komme ich mir gerade vor. “Wir müssen mit dir reden.” sagt Mum in ihrem mütterlichen Ton. “Ok.” und ein skeptischer Blick ist alles was ich zu stande bringe. “Wie du ja am besten weist,” setzt Dad an. “bist du jetzt im letzten Schuljahr. Dieses Jahr geht es um dein Abi. Deswegen haben wir uns bei deinen Lehrern nach deinem Notendurchschnitt erkundigt. Ich bin entsetzt und irgendwo erfreut zugleich. Entsetzt weil meine Eltern hinter meinem Rücken, mit meinen Lehren sprechen und sich so in mein Leben einmischen. Erfreut weil ich ihnen doch nicht so egal zu sein scheine und sie sich doch um mich und meine Zukunft zu sorgen scheinen. Beide Gefühle kämpfen miteinander und am Ende gibt es ein unentschieden und damit auch keinen Wutausbruch. Deswegen frage ich nur: “Und was haben die gesagt?” Mum und Dad wechseln einen Blick. “Nun,” jetzt redet Mum. “Es sieht im Moment nicht besonders gut aus. Es ist zwar nicht so das du durchfallen würdest, aber es wäre unterstes Mittelmaß und wir wissen ja das du dir große Ziele gesteckt hast, deswegen dachten wir, du brauchst jetzt hilfe.” Das mit den hohen Zielen stimmt. Ein Wunder das sie das wissen. Ich will einmal Tierärztin werden und weiß sehr wohl, das ich dazu gute Noten brauche. Aber irgendwie fällt mir das alles in diesem Jahr ziemlich schwer. Ich säufze. “Und wie soll diese Hilfe aussehen?” frage ich und will die Antwort gar nicht wissen. “Wir haben die eine Nachhilfe, für drei Tage die Woche besorgt.” Ich ziehe meine Augenbrauen hoch. “Nachhilfe? Ich dachte ihr seid dagegen, wenn jemand, der mit dem Unterricht an sich nichts zu tun hat, sich in den Lehrplan einmischt.” Meine Eltern hatten nie einen Hehl daraus gemacht, das sie Nachhilfelehrer nicht leiden konnten, weil die immer was anderes unterrichteten, als das was gerade im Unterricht dran war. “Das stimmt.” sagt Mum “Deswegen haben wir einen Jungen aus deiner Klasse darum gebeten dir Nachhilfe zu geben.” Ich ziehe wieder meine Augenbrauen hoch. “Jemanden aus meiner Klasse?” Ich frage mich wer das wohl sein soll. “Ja. Er heißt Daniel Raichand.” “Ist nicht wahr!” entfährt es mir und dann schlage ich die Hand vors Gesicht und schüttele den Kopf. “Warum?” Mum schaut mich verdutzt an. “Er ist der Beste aus deiner Klasse und deine Lehrerin meinte er hätte sofort zugesagt.” Es hat keinen Sinn sich dagegen zu wehren. Wenn Mum und Dad sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt haben, versuchen sie es mit allem Mitteln durchzusetzen. Ich halte den Kopf in der Hand und die Augen geschlossen. Hoffentlich bekommen die anderen das nicht mit. “Was ist los, Mercedes?” fragt Dad. Aber es wäre sinnlos, zu versuchen es ihm zu erklären. Er würde es mit einem Schulterzucken abtun und als Kinderkram bezeichnen und wenn ich es mir so recht überlege, hätte er recht. Also schaue ich auf und setze ein Lächeln auf. “Nichts, es ist nichts, Dad.” Mum und Dad wechseln noch einen Blick, dann sagt Mum: “Gut. Daniel kommt morgen um vier Uhr her. Dann hast du nach der Schule noch eine Stunde Zeit für dich.” Morgen ist Mittwoch und da Mum und Dad meinten er würde drei mal die Woche kommen, nehme ich an das er  Montags, Mittwochs und Freitag kommen würde. An den Tagen muss ich meine Freunde wohl vertrösten.
Der nächste Tag kommt und die Schule vergeht schnell. Um Punkt vier Uhr, steht Daniel vor meiner Tür. Er sieht mich lächelnd an und wirkt gar nicht schüchtern. So anders als ich ihn mir vorgestellt habe. Ich habe gedacht, da würde jetzt ein verschüchterter Junge vor mir stehen, der diesen Job nur aus Pflichtgefühl angenommen hat. Doch der Junge vor mir sieht aus als würde er sich richtig auf diesen Job freuen. “Hi, Mercedes.” sagt er freundlich, ich grüße zurück und bitte ihn hinein. Wir gehen in das zweite Büro und setzen uns an einen runden Tisch. Daniel fragt mich erst einmal ab um herrauszufinden wo meine größten Schwächen liegen. Wie erwartet liegen sie bei Mathe und Physik. “Das trifft sich gut.” sagt Daniel und wirkt kein bisschen nervös und wenn er lächelt übersieht man sogar seine Narbe und er sieht richtig gut aus. Ich bin wirklich verwundert, seine offfene Art wirkt irgendwie erfrischend. Er trägt wieder diese schäbigen Klamotten, aber auch das übersieht man bei dem Lächeln spielend leicht. “Warum?” frage ich ihn. “Weil ich in den Fächern am Besten bin, also denke ich das ich dir da auch am meisten beibringen kann.” Ich nicke, da hat er wohl recht. “Okay, womit möchtest du beginnen?” Daniel zieht fragend die Augenbrauen hoch. “Hm,” überlege ich. “ich habe keine Ahnung.” Daniel grinst, als hätte er genau diese Antwort erwartet. Er schlägt vor mit Physik zu beginnen. Gesagt, getan. Die Zeit vergeht wie im Flug und innerhalb weniger Wochen verbessert sich mein Notendurchschnitt beachtlich. Daniel und ich verstehen uns erstaunlich gut. Bei ihm kann ich sein wie ich bin und muss nicht immer dieses Tussihafte Verhalten an den Tag legen. Mittlerweile freue ich mich richtig auf unsere Nachhilfestunden. Heute ist Donnerstag und Chiara hat sich angemeldet und kommt zu Besuch. Um sechs steht sie vor meiner Tür und wir gehen in mein Zimmer. “Wir bekommen dich kaum noch zu sehen, Mercedes.” Mauelt Chiara gleich los. Sie zieht eine Schnute und sieht unheimlich lustig aus. Ich muss mich zusammenreißen um nicht los zu lachen. “Tut mir leid,” sage ich. “Ich muss sehr viel für die Schule machen. Du weißt, unser letztes Jahr und ich habe mir selbst hohe Ziele gesteckt.” Chiara rollt mit den Augen. “Viel wichtiger ist was du zum Weihnachtsball anziehst und mit wem du da hin gehst.” sie grinst mich an und ich verdrehe nun die Augen. War ja klar das es nun kein anderes Thema mehr gibt, wo es doch nur noch sechs Wochen bis zum Weihnachtsball sind. Ich hab mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht, mit wem ich hin gehe und was ich anziehe. Ich kam in letzter Zeit auch gar nicht dazu. Ich zucke mit den Schultern. “Wir werden sehen.” sage ich nur und Chiara zieht skeptisch die Augenbrauen zusammen. Plötzlich klingelt es an der Tür. Ich frage mich wer das sein mag. Naja Mum ist da und wird sicher ran gehen. “Was hältst du davon wenn wir morgen etwas für den Ball shoppen gehen?” fragt Chiara überschwänglich. Doch ich komme nicht dazu zu antworten, denn Mum schreit die Treppe hinauf: “Mercedes, Daniel ist da, er hat gestern wohl etwas vergessen. Kann ich ihn raufschicken?” Oh nein, denke ich nur, aber zu spät, Chiara sieht mich schon fragend an und ich weiß ganz genau das ich sie nicht abwimmeln kann bevor ich ihr alles erklärt habe. Innerlich schlage ich die Hände über den Kopf zu sammen, dan säufze ich und rufe zurück: “Ja Mom, schick ihn rauf.” mit einem bösen Blick an Chiara gewandt, füge ich hinzu: “Halt die Klappe und guck nicht so!” Sie grinst, bleibt aber still. Dann erscheint Daniel in der Tür. Ich werfe Chiara nocheinmal einen bösen Blick zu und sie hebt abwehrend die Hände. “Oh,” Daniel sieht verunichert aus. “Tut mir leid ich wollte euch nicht stören, ich wollte nur noch etwas für morgen vorbereiten, habe aber meinen Hefter bei dir vergessen.” Sein Blick fliegt kurz zu Chiara und dann wieder zurück zu mir. Es tut mir leid das er sich im Moment so offensichtlich unwohl fühlt. “Du hast uns nicht gestört,” sage ich lächelnd. “Komm wir holen deinen Hefter.” Ich werfe Chiara nocheinmal warnend einen Blick zu, denn ich kenne sie verdammt gut und weiß das ihr mit Sicherheit, etwas unschönes auf der Zunge liegt. Sie grinst und hebt eine Augenbraue. Dann gehe ich vor und Daniel folgt mir. Ich gebe ihm seinen Hefter und würde ihn eigentlich gerne einladen zu bleiben, aber ich weiß genau das das mit Chiara in meinem Zimmer nicht geht. Also lächel ich ihn an und begleite ihn zur Tür. Er dreht sich nocheinmal um und sieht diesmal total schüchtern aus. Irgendetwas scheint er mir sagen zu wollen. “Ähm, Mercedes,” es ist das erste Mal das er meinen Namen ausspricht und es jagt mir eine Ladung Schmetterlinge durch meinen Bauch, was mich total überrascht. “Ja?” frage ich ermutigend und versuche das Gefühl zu ignorieren. “Ähm... Ach nichts. Bis morgen dann.” bevor ich auch nur etwas erwidern kannist er verschwunden und ich stehe einen Augenblick bedeppert da. Dann fällt mir ein das Chiara ja oben wartet. Ich unterdrücke ein stöhnen und stelle mich meinem Schicksal. Oben angekommen stürzt sich Chiara auf mich. “Was bitte, war das?” fragt sie mit schriller Stimme und ich stöhne innerlich auf. “Das war Danliel Raichand.” sagte ich trocken. “Und?” fragte Chiara. “Nichts und:” sagte ich, denn ich habe absolut keine Lust ausgerechnet mit ihr darüber zu reden. “Wie nichts? Du sprichst mit dem scheuslichsten Kerl der Schule, du die heisteste Braut der ganzen Schule.” ich verderehe die Augen, denn ich kann es nicht mehr hören. “Wie kommt es? Stell dir mal vor die Schule bekommt das raus, dann bist du nicht mehr so beliebt wie jetzt.” “Und wen interessierts?” frage ich genervt, denn ihre Oberflächlichkeit ist langsam echt nicht mehr auszuhalten. Sie schaut mich affektiert an. “Mercedes! Weißt du was du da sagst? Das ist absolut uncool! Du kannst doch nicht mit dem abhängen. Guck ihn dir an! Das ist ja wie die Schöne und das Biest, nur das der sich sicher nicht in einen Prinzen verwandeln wird. Der ist gräßlich und ecklig und ich wette er stinkt auch, so wie der aussieht.” “Chiara, es reicht!” unterbreche ich sie lautstark und sie schaut mich verdutzt an. Das ist so typisch, ich kann nicht verstehen wie ich es jemals toll finden konnte genauso zu reden. “Hör zu, Daniel und ich lernen miteinander. Meine Eltern haben ihn engagiert, weil mein Notendurchschnitt zu schlecht war.” “Achso.” sagt sie dann kleinlaut. “Und du kannst das nicht umgehen? Du kannst dir doch was einfallen lassen, such dir doch einen anderen Nachhilfelehrer.” “Das will ich gar nicht. Daniel ist nicht so schlimm wie du ihn darstellst. Es macht spaß mit ihm zu lernen und ich hab mich um über eine Note verbessert, im Durchschnitt. Er sieht vielleicht schmuddellig aus, aber das ist er gar nicht. Er stinkt auch nicht, so wie du sagst, er hat einfach das Pech das seine Eltern arm sind.” Chiara steht der Mund offen und ist erst einmal sprachlos. “Ok, reden wir nicht weiter drüber. Du wirst schon wieder zur Vernunft kommen.” sagt Chiara und wischt das Thema mit einer Handbewegung beiseite. Ich schaue sie genervt an. Wir haben noch nie so diskutiert, schon gar nicht wegen nem Jungen. Klar sind wir uns mal ins Gehege gekommen, weil wir auf den gleichen Kerl standen, aber wir haben uns nie darüber gestritten, wir haben einfach akzeptiert wen der Kerl sich ausgesucht hatte. Zugegeben das war meistens ich. Ich habe keine Lust das Thema weiter zu verfolgen. “Du sagtest was wegen Kleider shoppen? Für den Weihnachtsball?” frage ich um sie abzulenken. Und wie immer treffe ich mit dem Thema voll ins schwarze. “Ja, morgen nach der Schule, was hältst du davon?” “Morgen geht nicht, aber wie siehts aus mit Samstag? Wir können ja mal wieder einen Mädelstag machen.” Chiara grinst mich an: “Na also, das ist die Mercedes die ich vermisst habe.” Ich ziehe eine Augenbraue hoch und grinse dabei.
Am Samstag treffen wir uns im Stadtcenter. Der Tag gestern war irgendwie komisch. Ich habe mit Daniel gelernt wie immer, aber er war komisch, so nervös und teilweise verschlossen. Das kannte ich gar nicht von ihm. Die Mädels sind gut drauf, Chiara scheint nichts von ihrer Begegnung mit Daniel bei mir erzähl zu haben. Wir laufen durch die Geschäfte und suchen nach schicken Kleidern. Die anderen haben nach ca zwei Stunden alle etwas gefunden, aber ich finde heute gar nichts. Nichts will mir gefallen und ich weiß nicht warum. Ich weiß noch nichtmal was ich eigentlich suche.  Doch in einem second Hand Laden werde ich dann fündig. Ein grünes Kleid, mit einem Obeschenkellangen Unterrock aus Spitze. Das Oberteil des Kleides ist gerafft und wird von der Mitte des Brustkorbes mit einer langen, steinenbesetzen Brosche gehalten, die nach links unter der Brust entlangläuft. Das Kleid ist vorne kurz, so das der Unterrock vorne durchschaut, und endet hinten in einer langen Schleppe. Selbst wenn ich dazu meine höchsten Highheels trage, berührt der Stoff hinten noch den Boden. Ich finde es fantastisch und meine Haare leuchten richtig. “Ähm Mercedes,” spricht Saphira mich an. “Ja?” frage ich lächelnd denn ich bin total in das Kleid verliebt.  “Du willst doch nicht wirklich etwas, in einem Secondhand Laden kaufen. Ich mein das hat schon mal jemand getragen. Das hast du doch nicht nötig.” Ich schaue sie genervt an, irgendwie nerven meine Mädels in letzter Zeit nur noch. “Hast du in irgendeinem anderen Laden so ein Kleid gesehen?” frage ich zuckersüß um mir meine genervtheit nicht anmerken zu lassen. Sie schüttelt den Kopf. “Also werde ich in den saueren Apfelbeißen und das von hier nehmen.” Ich gehe zur Kasse und bezahle das Kleid, die passenden Highheels habe ich schon zu Hause. Die Mädels schauen mich an als wäre ich krank geworden. Da betritt plötzlich Daniel den Laden. Das hat mir gerade noch gefehlt. Wenn er mich jetzt anspricht fliege ich auf, wie peinlich. 'Ja peinlich wie du dich benimmst!' flüstert auf einmal eine Stimme in meinem Inneren und sie hat recht, also rechne ich damit das Daniel mich anspricht und ich gehe lächelnd in Richtung meiner Mädels. Aber Daniel geht einfach nur an mir voebei, ohne mich zu beachten. Im ersten Moment bin ich gekränkt doch dann fällt mir ein, wer er ist und wer ich bin, in den Augen der anderen. Und ich fasse einen Entschluss: Ich habe keine Lust mehr Daniel zu “verstecken”. Die anderen sollen ruhig wissen, wem ich meine guten Noten zu verdanken habe. “Hey Daniel.” rufe ich und lächle ihn an. “Hi Mercedes.” er schenkt mir sein bezauberndes, offenes Lächeln, offensichtlich erfreut darüber, das ich nicht so tute als hätten wir nichts miteinander zu tun. “Willst du auch einkaufen?” frage ich ihn. Er sieht sich kurz um und antwortet: “Ja mal schauen was sich so finden lässt. Und du? Schon was gekauft?” “Jup gerade fündig geworden.” antworte ich fröhlich. Meine Mädels sehen ganz schön dämlich aus, wie sie so mit offenen Mündern da stehen. “Ähm ja, also ich muss dann, wir sehen uns Montag.” ich lächle ihn nocheinmal herzlich an und er erwiedert das Lächeln, dann gehe ich raus und meine Mädels folgen mir automatisch. Kaum sind wir draußen geht natürlich das Frage-Feuer los. Ich erkläre ihnen in kurzen Sätzen was es mit Daniel auf sich hat und die vier geben Ruhe, doch ich merke das ab diesem Moment etwas anders ist. Etwas das sich nicht rückgängig machen lässt. Doch ich bin erleichtert, denn nun kann ich Daniel auch in der Schule mal um Rat fragen. Der Monatg kommt schnell und ich freue mich auf das Treffen mit Daniel, mittlerweile habe ich immer Schmetterlinge im Bauch, wenn ich weiß das ich ihn bald sehen werde. Mir ist es so egal wie er aussieht, wobei er ja nicht mal schlecht aussieht, sondern einfach die falschen Klamotten trägt. Und für seine Narbe kann er ja nichts. Es klingelt und ich laufe überschwänglich zur Tür. Daniel lächelt mich umwerfend an und ich erwiedere es. Wir gehen wie immer ins Arbeitszimmer und machen uns an die Aufgaben. Ein paar Stunden später sind wir fertig und ich unterhalte mich noch mit ihm über alle möglichen Themen. Mit ihm kann man richtige Gespräche führen, nicht nur diese oberflächlichen Klatsch und Tratsch Themen. “Hast du eigentlich schon jemanden mit dem du zum Weihnachtsball gehst?” frage ich als wir auf dieses Thema zu sprechen kommen. Er wird nervös, anscheinend habe ich die falsche Frage gestellt. “Nun ja,” stammelt er ein wenig verunsichert. “Ich hab da jemanden ins Auge gefasst.” Er spielte mit seinen Fingern. “Und? Worauf wartest du noch?” frage ich ermutigend. “Nun ja...” er scheint verunsichert. “Sie spielt in einer anderen Liga als ich.” Ich ziehe fragend die Augenbrauen hoch. “Ich dachte unsere Nachmittage, hätten die schon gezeigt, das es doch völlig egal ist in welcher Liga jemand spielt, solange die grundlegenden Dinge stimmen.” “Du meinst ich sollte sie einfach fragen?” Er sieht mir direkt in die Augen und sein Blick hält mich gefangen. Er hat braune Augen mit goldenen Flecken, die schimmern wenn das Licht in einem bestimmten Winkel in seine Augen fällt. Plötzlich schmerzt der Gedanke das er mit einem anderen Mädchen irgendwo hin gehen konnte und ich frage mich wann ich mich in ihn verliebt habe. Den was anderes konnten diese aufwühlenden Gefühle nicht sein. Ich habe mich verliebt in den unbeliebtesten Jungen der ganzen Schule. Er ist nur so unbeliebt, weil die Leute in ihm nicht das sehen können, was ich sehe. Einen jungen aufgeschlossenen intelligenten Mann, der weiß was er in seinem Leben will. Und das ist bestimmt nicht so oberflächlich wie die Gespräche der Mädels in meiner Gruppe. “Ja das solltest du tun.” Dieser Satz kostet mich eine Menge Überwindung, aber es ist das Richtige. Natürlich soll er das Mädchen fragen, ich darf ihn nicht davon abhalten glücklich zu werden, er war schon lange genug einsam. “Ok, dann werd ich das mal tun.” sagt er und wirkt zunehmend nervöser. “Also, Mercedes, würdest du mir die Ehre erweisen und mich zum Weihnachtsball begleiten?” Ich bin total perplex, er merkt es und schenkt mir sein unwiederstehliches Grinsen. “Was nun sprachlos?” scherzt er, es ist unglaublich wie schnell seine unsicherheit verflogen ist. Ich muss mich erst einmal fangen. “Ähm, nein, also Ja, also ich meine, nein, nicht sprachlos und ja ich würde gerne mit dir zu dem Ball gehen.” stammel ich und wir beide brechen in schallendes Gelächter aus. “Das freut mich ehrlich.” Daniel sieht richtig glücklich aus. Und ich freue mich riesig, auch wenn ich noch nicht weiß wie ich das meinen Freundinnen erklären soll. “Ist es ein Problem wegen deiner Clique?” fragt Daniel der meine Gedanken zu erraten scheint. “Nein. Ist es nicht, schließlich lebe ich mein eigenes Leben.” ich blicke auf meine Hände. “Warum ich, Daniel?” frage ich und er zieht die Augenbrauen hoch. “Also ich mein, du der intelligente junge Mann, der kaum etwas hat und von anderen gemieden wird und ich das reiche Chickimicki Girl, das so gar nicht in deine Welt passen will. Du müsstest mich und meinesgleichen doch eigentlich hassen. Wir haben alles was wir wollen und können so gut wie alles machen was wir wollen, Aussehen scheint für uns das wichtigste zu sein, eben all diese Oberflächlichen Dinge. Warum will jemand intelligentes wie du, mit so jemand oberflächlichem wie mir ausgehen?” Daniel lacht. “Nun ja,” sagt er dann “Vielleicht weil ich etwas sehe, das die anderen nicht sehen. Ich sehe nicht nur diese Oberflächlichkeit, sondern das Mädchen das dahinter steckt. Mir ist in der Schule schon aufgefallen, das dir diese Oberflächlichkeit nicht immer behagte. Als deine Eltern mich baten dir nachhilfe zu geben, habe ich sofor zu gesagt, da ich unbedingt wissen wollte, was wirklich hinter dieser Oberfläche steckt. Und ich habe ein umwerfendes, intelligentes Mädchen entdeckt.” Mein Magen schlägt einen Purzelbaum. Das er mich so sieht hätte ich niemals gedacht. “Jetzt bist du aber sprachlos.” sagt er grinsend. “Ja erwischt.” sage ich dazu. “Es ist auch schon spät heut, ich muss leider gehen.” Daniel sieht aus als wenn er es wirklich bedauert. Ich bringe ihn zur Tür und bin ganz aufgeregt. Wahnsinn, niemals hätte ich gedacht das ich mich in diesen Typen verlieben könnte.
Von da an war ich mir auch nicht zu schade Daniel ab und zu in der Schule anzusprechen, wir hängen oft zusammen zum Mittag ab. Was meiner Clique natürlich gar nicht passt. Sie fangen an hinter meinem Rücken über mich zu tuscheln, aber das ist mir egal, je mehr ich mit Daniel zusammen bin, desto vollkommener fühle ich mich. Meine Noten sind guter Durchschnitt und ich arbeite nur noch daran diese Noten zu halten. Der Tag des Weihnachtsballs kommt schnell. Meine Clique weiß nicht mit wen ich hingehe, aber sie können es sich schon denken und Saphira rümpft am meisten die Nase darüber. Am Abend warte ich mit flatternden Nerven auf Daniel. Als es klingelt, bin ich so aufgeregt, dass ich fast hyperventiliere. Ich öffne die Tür und vor mir steht ein unbekannter Typ, erst beim zweiten hinschauen erkenne ich das es Daniel ist. Er hat sich die Haare kurz geschnitten und leicht verwuschelt gestylt. Dadurch sieht man die Narbe richtig, aber mir fällt auch auf, das sie nicht mehr ganz so riesig wirkt. Er trägt einen grauen Anzug mit einem weißen Hemd und einer weinroten Krawatte. Er sieht umwerfend aus. Sein Anzug betont seinen kräftigen Körper. Und das grau unterstreicht die Farbe seiner Augen, die heute bernsteinfarben wirken. Ich bin überwältigt. “Wow. Du siehst toll aus.” sage ich nachdem ich meine Sprache wiedergefunden habe. “Danke.” er grinste. “Du bist aber auch nicht zu verachten.” Ich grinse zurück. “Darf ich bitten?” er hält mir einen Arm hin und grinst mich charmant an. Ich lächel ihn an und hacke mich bei ihm unter. Vor unserem Haus steht ein alter Ford. Daniel wirft einen entschuldigenden Blick auf das Auto und sagt: “Tut mir leid, aber für ne Limousine hat es nicht mehr gereicht.” An seinem grinsen sehe ich das er Scherze macht. Auch das ist toll, er schämt sich nicht für das was er ist und wie er lebt. Naja das tun ja andere auch genug für ihn. Wir steigen ein und fahren zur Schule, der Ball findet in der Aula statt. Zum Glück ist es dort warm und ich kann meine dicke Jacke ausziehen. “Du siehst wunderschön aus, Mercedes.” Ich hatte dieses Kompliment schon oft bekommen, doch noch nie hat es so ein kribbeln in meinem Bauch ausgelöst. “Danke.” sage ich aufrichtig, ich weiß das ich nicht mehr zu sagen brauche. Wir gehen hinein und als erstes wird ein Foto von uns gemacht. Daniel legt einen Arm um meine Taille und es fühlt sich verdammt gut an. Wir gehen durch den Saal und ich sehe Chiara bei den Getränken stehen. Sie winkt mir zu. Ich entschuldige mich kurz bei Daniel und gehe hinüber. “Sag mal , wer ist denn der gut aussehende Typ bei dir? Wir dachten schon du würdest mit Daniel kommen, aber gott sei dank, hast du das nicht gemacht.” Ich verderehe die Augen. “Chiara,” sage ich süß lächelnd. “Das ist Daniel!” Ihr bleibt der Mund offen stehen bevor sie sagt: “Warum? Du kannst jeden haben, warum der?” Ich brauch nicht lange nachzudenken: “Nun vielleicht weil ich in ihm etwas sehe, das du nicht siehst!” sage ich und ich lasse sie einfach stehen, solange sie nicht umdenkt, hab ich keine Lust mehr auf ihr gequatsche. Ich sehe noch aus den Augenwinkeln wie sich Danae, Saphira und Giselle zu ihr gesellen und wie auch ihnen der Mund offenstehen bleibt, als Chiara berichtet. Ich kann mir ein lächeln nicht verkneifen. Daniel und ich verbringen einen schönen Abend miteinander. Bei einem langsamen Tanz fragt er dann: “Warum eigentlich, Mercedes?” als wenn er sich etwas gedacht hat und zu diesem Gedanken nun diese Frage stellt. “Warum was?” frage ich, da ich nicht weiß worauf er hinaus will. “Warum du mit mir hier her gegangen bist? Ich meine es gibt mehr als genug Jungen, die mit dir hier her gehen wollten. Warum ich?” Ich überlege kurz. “Warum nicht?” sage ich. “Ich mag dich, sehr sogar und du hast mir viel geholfen. Du hast zu mir gesagt, das du in mir etwas anderes siehst als dieses schickimicki Girl. Ich sehe auch etwas anderes in dir als die anderen.” Er versteht was ich meine, das weiß ich, auch wenn ich mich nicht besonders gut ausgedrückt habe. Er grinst und dreht mich einmal im Kreis. Dann ändert sich sein Gesichtsausdruck, als würde er kurz mit sich kämpfen und überlegte ob er etwas tun sollte. Es ist erstaunlich wieviel ich in seinem Gesicht lesen kann. Ich komme nicht dazu dem Gedanken weiternachzugehen, denn in dem Moment senkt sich sein Gesicht und seine Lippen treffen meine. Ich lass es geschehen und es ist ein wunderschöner Kuss. Und ich weiß einfach das es der erste Kuss von vielen ist.

1 Kommentar:

  1. Wieder sehr süß, aber ziemlich klischeehaft. Es erinnert an einen Hollywood-Film. Aber... ich vermisse die Tiefe. Denn die Übersättigung, die bei Mercedes alles auslöst, entsteht durch die Frage "Was kommt denn noch?" und "Warum mögen mich die anderen?" - ich hätte mir einfach mehr.. Reindenken gewünscht :-)

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